Montag, 14. Juli 2014

Gaza Karussell

  
Wenn mal wieder Raketen im Gazastreifen abgefeuert werden lässt der Iron Dome zwar praktisch nichts durch, aber bei jedem Alarm muß man doch sicherheitshalber in den nächstgelegenen Schutzraum. Man geht dann für 10 min. in den Schutzraum und schließt die Tür. Der Raum ist so geplant daß man geschützt ist sogar wenn eine Rakete ins Haus einschlägt, in unserem Fall fungiert er als Arbeitsraum. Ansonsten geht der Alltag, abgesehen von der Freizeitgestaltung, seinen gewohnten Gang. Hätte ich Angst würde ich es natürlich niemals zugeben denn genau daß will ja die Hamas, eigendlich bin ich aber eher stolz auf unseren Iron Dome.
 
Schaut man in die Medien um zu verstehen was vor sich geht, tragen die Bilder eher zur Verwirrung als zum Verständnis bei. Da heißt es einerseits daß die Hamas ganz Israel mit ihren Raketen beschießt, aber andererseits sieht man nur die Zerstörungen im Gazastreifen und die zahlreichen Toten und Verletzten dort. Genau daß ist das Ziel der Hamas. Netanjahu hat das wesentliche einst in einem Satz zusammengefasst: Israel schützt seine Zivilisten mit Raketen, Hamas schützt seine Raketen mit Zivilisten.
Den Israelischen Medien zufolge gibt es im Gazastreifen mehrere tausende Raketen die unter öffentlichen Gebäuden gelagert sind. Hamas und der Islamische Jihad schießen diese Raketen auf Israel, die jetzt das ganze Land abdecken können. Israel kann natürlich nicht tatenlos zusehen daß seine Bürger gefährdet werden, auch wenn der Iron Dome den Eindruck erweckt es würden lediglich Feuerwerkskörper abgeschossen. Hamas hat einige hundert M-75 Raketen. Dies ist eine Eigenentwicklung, die Zahl gibt die Reichweite an - also bis nach Tel Aviv und Jerusalem. Desweiteren hat man versucht mit Hilfe von langen Tunnels und mit Froschmännern vom Meer aus Israelis zu entführen, wie schon 2006 mit Gilad Shalit geschehen. Die Tunnels wurden entdeckt und gesprengt, die Froschmänner liquidiert.
Die IDF ist klug genug um zu wissen daß zu viele tote Palästinenser unser ohnehin angeschlagenes Image noch weiter verschlechtern würden. Daher wird versucht möglichst gezielt vorzugehen. Als Gegenmaßnahme bombardiert die israelische Luftwaffe die Stellen von denen die Raketen abgeschossen wurden, vermutete Lagerstätten von Raketen und Wohnhäuser von Hamas und Islamischer Jihad Aktivisten. In allen Fällen werden die Bewohner vorher per SMS aufgefordert das Gebäude zu verlassen und/oder es wird eine Rakete ohne Sprengkopf auf das Dach gefeuert. Die Aktivisten sitzen ohnehin in Bunkern die tief in den Sand gegraben sind. Man hört auch von den Pannen wenn das falsche Haus bombardiert wurde oder ein Heim für Geistig Behinderte die nicht in der Lage waren den Spielregeln entsprechend zu handeln.
 
Was sich abspielt ist ein Asymmetrischer Krieg. Eine ordentliche, gut ausgerüstete Armee geht gegen eine Terrororganisation vor. Letztere hat nur Offensivwaffen, nicht etwa weil die Mittel nicht reichen - wie sich gerade zeigt mangelt es nicht an Raketen -, sondern weil Zivilopfer Teil der Strategie sind. Und so werden Raketen in öffentlichen Gebäuden gelagert und von ihnen aus abgeschossen. Laut Kriegsrecht können Gebäude in denen Waffen lagern angegriffen und zerstört werden. Aber mit Bildern der Opfer lässt sich die Weltmeinung vorzüglich gegen Israel lenken. Wie sehr diese Taktik nicht mal im Interesse der Zivilbevölkerung in Gaza ist zeigt folgende Aussage: laut Militärkorrespondentin bei Reshet Bet - Israels populärstem Radiosender, treffen von all den hunderten abgeschossenen Raketen nur 2% wirklich etwas. Um 88% kümmert sich unser Iron Dome (der jetzt nochmehr Kaufinteressenten finden wird). Und die übrigen 10% der Raketen? Die fallen in den Gazastreifen - also mehr als auf Israel.
 
Die Hamas hat im Moment einen schweren Stand weil sie keine Unterstützung mehr aus Syrien und aus Ägypten mehr bekommt. Die ersteren bekämpfen jetzt Sunniten im eigenen Land und bei den letzteren sind die Moslembrüder nicht mehr an der Macht. Militärische Erfolge gegen Israel könnten das angeschlagene Image aufpolieren und so neue Finanzierungsquellen erschließen. Dazu muß man wissen daß die Hamas nicht nur eine Terrororganisation ist sondern wegen dem religiösen Hintergrund sich auch um Wohlfahrt kümmert. Ja, auch den Moslems ist Barmherzigkeit und Fürsorge ein Begriff. Hamas ist also auch Arbeitsamt, Krankenhaus, Kindergarten, Rentenversicherung... Die Frage ist allerdings ob die Religion und die daraus folgende Fürsorge echt ist oder ob sie nur benutzt wird um Anhänger um sich zu scharen. Die Hamas hat die Wahlen im Januar 2006 nicht nur gewonnen weil Palästinenser im Gazastreifen angriffslustiger sind als im Westjordanland, sondern weil die Beamten der PA von Abbas wohl ziemlich korrupt waren. Korrupt bedeutet hier aber nicht unbedingt daß jemand aus niederen Beweggründen in die eigene Tasche arbeitet. Da die Familienbande wesentlich weiter reichen als in Europa üblich, kann sich so mancher veranlasst sehen seine eigenen Leute zu bevorzugen. Im Juni 2007 brachte die Hamas den Gazastreifen dann gewaltsam unter ihre Kontrolle, mit ihrer Legitimität ist es also nicht so weit her.
 
Mit seinen Militäroperationen möchte Israel die Hamas derart schwächen daß sie sich davon nicht mehr erholt, auch soll eine ausreichende Abschreckung erzielt werden damit eine erneut vereinbarte Waffenruhe auch lange genug anhält. Stoppt man zu früh - die Hamas würde ihr Waffenarsenal wieder auffüllen und in ein paar Monaten wären wir wieder am Anfangspunkt. Wie gesagt, je mehr Zerstörung und Zivilopfer auf palästinensischer Seite zu beklagen sind desdo schlechter steht Israel vor der Weltöffentlichkeit da und desdo besser für die Hamas. Israelischen Medien zufolge sind ein Teil der veröffentlichten Bilder garnicht aus dem Gazastreifen sondern aus Syrien und aus dem Irak. Die Vermittlerrolle hat mittlerweile Ägypten übernommen.
 
Wäre es möglich eine konkurrierende Wohlfahrt zur Hamas einzurichten hätte man eine Chance die Hamas bis zur Bedeutungslosigkeit zu schwächen und so die Lage dauerhaft zu beruhigen. Man kann aber nicht von Israel verlangen sich um das Wohlergehen von 2 Millionen Gazastreiflern zu kümmern. UN Soldaten vielleicht, von irgendwoher, die die lokalen Eigenheiten nicht kennen und sich zurückziehen sobald es brenzlig wird, wie z.B. die aus Fiji und Österreich die die Grenze zwischen Israel und Syrien geräumt haben als es ungemütlich wurde? Nein danke. Für realistisch halte ich (unter Missachtung demokratischer Spielregeln) die Verwaltung durch die PA unter dem wachsamen Auge der Ägypter. Beides Araber, beide mögen die Islamisten nicht, beide haben gezeigt daß sie Abmachungen länger als eineinhalb Jahre einhalten können. Verantwortungsbewusste Araber die andere Araber dazu anhalten vernünftig zu handeln.